5. November 2020

Bitte bio & fair! Was hinter fairem Handel wirklich steckt

Aus fairem Handel – was bedeutet das eigentlich? Ich spreche mit BIO PLANÈTE darüber, was die Siegel aussagen, wie die Kontrollen genau ablaufen und was es noch zu verbessern gibt.

Verena Hirsch
Verena Hirsch

Bio, regional, fair. Oft zwingt uns die Auswahl eines Lebens­mit­tels dazu, uns zwischen diesen Eigen­schaf­ten zu ent­schei­den. Bio oder regional. Bio oder fair. Warum geht eigent­lich nicht beides? BIO PLANÈTE zeigt mit dem Sor­ti­ment, dass bio und regional genauso einher gehen, wie bio und fairer Handel.

Fairer Handel: Was ide Siegel bedeuten

Hei­mi­sche Bio Öle für jeden Tag

Grund­sätz­lich sollten hei­mi­sche Nah­rungs­mit­tel die Grund­la­ge unserer Ernäh­rung bilden. Da sind Europas älteste Bio-Ölmühle und ich uns einig. Deshalb gibt es bei BIO PLANÈTE die Öl-Reihe “Aus meiner Heimat” mit hoch­wer­ti­gen Roh­stof­fen aus Deutsch­land. Die Herkunft unseres Essens hat in den letzten Jahren auch all­ge­mein wieder mehr an Bedeu­tung gewonnen. Regional alleine reicht aber nicht. Genauso wichtig ist es, dass die Produkte auch bio­lo­gisch pro­du­ziert werden.

Exo­ti­sche Öle: Wenn dann bio und fair gehandelt

Auch wenn ich stets moti­vie­re, mehr regio­na­le Produkte zu essen, können fremd­län­di­sche Nah­rungs­mit­tel unseren Spei­se­plan natür­lich berei­chern. Fairen Handel ver­bin­det man haupt­säch­lich mit Kaffee oder Scho­ko­la­de. Aber auch BIO PLANÈTE sieht Lebens­mit­tel aus fernen Ländern als “Luxus­gü­ter, die mit Ver­ant­wor­tung pro­du­ziert und kon­su­miert werden müssen”. Impor­tier­te Produkte haben oft einen weiten Trans­port­weg hinter sich, der den CO2-Fuß­ab­druck ver­grö­ßert. Außerdem ist es schwie­ri­ger, als Konsument*in trans­pa­ren­ten Einblick in die Anbau- oder Arbeits­be­din­gun­gen zu erhalten.

BIO PLANÈTE ist sich als Unter­neh­men seit über 35 Jahren bewusst, dass die Pro­duk­ti­on ihrer Öle neben öko­lo­gi­schen auch öko­no­mi­sche & soziale Aus­wir­kun­gen auf die Umwelt hat. Dadurch bestimmt ein hohes Maß an Selbst­ver­pflich­tung den Arbeits­all­tag des Bio-Pioniers. Ver­schie­de­ne Siegel und Zer­ti­fi­zie­run­gen helfen dabei, diese Arbeit glaub­wür­dig und unab­hän­gig veri­fi­zie­ren zu lassen.

Ein Blick hinter die Fair trade Siegel

Was genau steckt hinter fairem Handel?

Mit (zer­ti­fi­ziert) fairem Handel verbinde ich als erstes eine gerechte Bezah­lung. Außerdem gehe ich davon aus, dass die Arbeits­plät­ze lang­fris­tig gesi­chert sind und am Arbeits­platz für genügend Schutz gesorgt wird. Soweit meine Annahmen. Aber was die Siegel wirklich genau garan­tie­ren, könnte ich auf Anhieb nicht sagen.

Um das her­aus­zu­fin­den und hinter die Kulissen von Her­stel­lern und Zer­ti­fi­zie­run­gen zu schauen, habe ich bei BIO PLANÈTE direkt nach­ge­fragt und mit Oliver gesprochen:

Oliver, mit welchen Zer­ti­fi­zie­run­gen arbeitet BIO PLANÈTE genau?

Neben unseren Bio-Siegeln (EU-Bio und demeter) arbeiten wir seit vielen Jahren mit dem „Fair­trade“- und „Fair for Life“-Siegel zusammen. Das gibt uns die Mög­lich­keit, unsere Über­zeu­gun­gen und Arbeits­wei­se glaub­haft und unab­hän­gig veri­fi­zie­ren zu lassen. Und natür­lich auch für Kund*innen sichtbar zu machen.

Was ist denn eigent­lich dafür aus­schlag­ge­bend, ob ein Produkt “fair” zer­ti­fi­ziert wird?

Wir nehmen uns als Unter­neh­men vor, einen gewissen Pro­zent­satz unserer Öle zer­ti­fi­zie­ren zu lassen. Welche Öle für eine Zer­ti­fi­zie­rung des fairen Handels in Frage kommen, ent­schei­den oft nur die Gege­ben­hei­ten vor Ort: Wie lange besteht die Part­ner­schaft? Erfolgt der Anbau in einer struk­tur­schwa­chen Region mit sozialen Pro­ble­men? Sind weitere soziale Projekte im Rahmen der Zusam­men­ar­beit möglich?

Sind die Bedin­gun­gen erfüllt, streben wir auch die Zer­ti­fi­zie­rung des Handels an. Das ergibt sich zumeist bei Ölen, die von anderen Kon­ti­nen­ten und Ländern stammen, in denen es große soziale Ungleich­ge­wich­te und gesell­schaft­li­che Unruhen gibt. Solche Zer­ti­fi­zie­run­gen sind aber oft lang­fris­ti­ge Ziele. Wir möchten natür­lich so viele Produkte wie möglich als “fair” zer­ti­fi­zie­ren lassen

Bio Öle aus fairem Handel

Du hast ja direkten Kontakt zu den Zer­ti­fi­zie­rungs­stel­len. Wie laufen die Kon­trol­len bei fairem Handel ab? Was wird genau wann/wo/wie kontrolliert?

Das hängt sehr von der jewei­li­gen Zer­ti­fi­zie­rung ab. „Fair­trade“ und „Fair for Life“ kon­trol­lie­ren die Ein­hal­tung öko­lo­gi­scher, öko­no­mi­scher & sozialer Stan­dards. Die öko­lo­gi­schen Stan­dards liegen dabei zumeist unter den Anfor­de­run­gen des EU-Bio-Siegels. Die öko­no­mi­schen und sozialen Anfor­de­run­gen gehen weit über den han­dels­üb­li­chen Standard hinaus.

“Fairtrade”-Siegel

„Fair­trade“ führt die Kon­trol­len mit Hilfe der Zer­ti­fi­zie­rungs­stel­le FLOCERT durch. Ein Großteil dieser Kon­trol­len erfolgt bei den Landwirt*innen selbst. Es wird darauf geachtet, welchen Anteil die Erzeuger an der Wert­schöp­fung der Produkte haben und ob diese Leis­tun­gen auch ange­mes­sen entlohnt werden. „Fair­trade“ fördert klein­bäu­er­li­che, regional-ver­wal­te­te Struk­tu­ren und lang­fris­ti­ge Koope­ra­tio­nen. Diese geben den Erzeuger*innen soziale und finan­zi­el­le Sicherheit.

„Fair­trade“ geht also den Fragen nach: Wie ist die Orga­ni­sa­ti­ons­struk­tur vor Ort? Gibt es Abhän­gig­kei­ten? Wie lang exis­tiert die Koope­ra­ti­on? Welcher Preis wird für den Rohstoff gezahlt? Das gilt sowohl seitens der Her­stel­ler­mar­ke, als auch bei den Pro­du­zen­ten selbst. Wir als Bio-Ölmühle sind gegen­über „Fair­trade“ dieser abso­lu­ten Trans­pa­renz ver­pflich­tet. Aber in dieser Ver­pflich­tung sehen wir uns auch gegen­über unseren Kund*innen.

Erdnuss Öl mit Fair Trade Siegel

“Fair for Life” Siegel

„Fair for Life“ war es bei der Zer­ti­fi­zie­rung unseres Avo­ca­do­öls zum Beispiel sehr wichtig, dass wir vor Ort in Kenia den Bau einer modernen Mühle für die Kalt­pres­sung unseres Avo­ca­do­öls finan­zi­ell und struk­tu­rell unter­stüt­zen. Dieses Projekt brachte einen weiteren Teil der Wert­schöp­fung in das Anbau­ge­biet, schuf 30 weitere Arbeits­plät­ze und stärkt noch wei­ter­hin soziale Projekte vor Ort. Vor wenigen Monaten erfolgte auch eine Kon­trol­le für den Fort­be­stand der Zer­ti­fi­zie­rung in unseren Büros und der Pro­duk­ti­ons­stät­te in Deutsch­land. Diese unab­hän­gi­ge Beur­tei­lung war toll und brachte neue Impulse für das Gesund­heits­ma­nage­ment der Mitarbeiter*innen. Solche Kon­trol­len werden ange­kün­digt, sind aber sehr kritisch und genau. Uns werden dann konkrete Ver­bes­se­rungs­maß­nah­men genannt, die wir für den Erhalt der Zer­ti­fi­zie­rung umsetzen müssen.

Avocado Öl mit "fair-for-life" Zertifizierung

Bisher haben wir sehr gute Erfah­run­gen mit den Akteuren der Zer­ti­fi­zie­rungs­stel­len gemacht. Es sind Menschen, die ihren Job oft aus purer Über­zeu­gung bestrei­ten. Das moti­viert ungemein, noch weitere Öle zer­ti­fi­zie­ren zu lassen.

Wow, da steckt wirklich mehr dahinter, als ich gedacht hätte. Seht ihr denn auch Schwach­stel­len bei der Zer­ti­fi­zie­rung? Was könnte ver­bes­sert werden?

Ja, defi­ni­tiv! Einmal erhielt unser Sesamöl keine Zer­ti­fi­zie­rung mehr, weil es unseren Landwirt*innen in Burkina Faso nicht mehr möglich war, die logis­ti­schen und sozialen Stan­dards zu erfüllen. Das Problem ist, dass in Burkina Faso noch immer ein unkon­trol­lier­ba­rer Bür­ger­krieg herrscht. Dieser erschwert den Erzeuger*innen die Arbeit sehr. Faire Preise und damit der Erhalt gesell­schaft­li­cher & sozialer Struk­tu­ren hätten vor Ort positive Aus­wir­kun­gen haben können. Die Zer­ti­fi­zie­rung haben die Landwirt*innen leider dennoch nicht erhalten.

Um Produkte zer­ti­fi­zie­ren zu lassen, müssen zudem häufig weite Wege für die Kon­trol­len zurück­ge­legt werden. Der Aufbau regio­na­ler Struk­tu­ren ist deshalb defi­ni­tiv ver­bes­se­rungs­wür­dig. Viel­leicht können die Zer­ti­fi­zie­rungs­stel­len hier häufiger mit bereits bestehen­den regio­na­len öffent­li­chen Ein­rich­tun­gen zusammenarbeiten.

Wir pflegen Part­ner­schaf­ten auf Augen­hö­he, aber oftmals macht eine Zusam­men­ar­beit über viele Jahre für alle Akteure keinen Sinn. Somit ist es nicht möglich, tolle Produkte zer­ti­fi­zie­ren zu lassen, die mit Sicher­heit ein Siegel verdient haben. Das ist manchmal wirklich hart, aber auch okay. Wir bemühen uns sehr, dass die Kund*innen des Natur­kost­fach­han­dels die Selbst­ver­pflich­tung vieler Her­stel­ler erkennen und wertschätzen.

Ein Korb voller Avocados zur Herstellung von Avocado Öl

Menshc mit frischen Avocados in der Hand – Avocado Ernte in Kenia

Wo gibt es faire Öle?

Vielen Dank Oliver für diese Ein­bli­cke hinter die Siegel! Ich per­sön­lich wusste zum Beispiel gar nicht, dass auch die Her­stel­ler­mar­ke geprüft wird. Sehr wichtig und spannend finde ich auch den Punkt der Wert­schöp­fung vor Ort. Dieser wurde beim Beispiel des Avocado-Öls sehr deutlich.

Die leckeren Öle von BIO PLANÈTE findest du übrigens im Natur­kost­fach­han­del. Auf der Website von BIO PLANÈTE kannst du einen Händler in deiner Nähe finden. Alle Öle gibt es auch hier online zu kaufen.

Feine Bio Öle von Bio Planète

Fairer Handel – mein Fazit

Zusam­men­ge­fasst werden also bei fair gehan­del­ten Pro­duk­ten gewisse öko­lo­gi­sche, öko­no­mi­sche und soziale Stan­dards garan­tiert. U.a. gerechte Bezah­lung, lang­fris­ti­ge Part­ner­schaf­ten, Wert­schöp­fung vor Ort, klein-bäu­er­li­che Struk­tu­ren etc. Welche das genau sind, legen aber jeweils die spe­zi­fi­schen Siegel fest.

Das macht es aber wiederum für uns Verbraucher*innen schwie­rig und unüber­sicht­lich. Denn neben „Fair­trade“ und „Fair for Life“ gibt es auch noch weitere Labels für fairen Handel. Hier finde ich gut, dass BIO PLANÈTE wirklich bekannte und bewährte Siegel nutzt. Wenn ein Produkt nun kein Siegel trägt, weiß ich aller­dings nicht, ob es dem Her­stel­ler „einfach egal“ ist, oder ob schon viele Bemü­hun­gen ange­stellt wurden, aber eine Zer­ti­fi­zie­rung einfach (noch) nicht  zustande kam. Viel­leicht auch wegen einer Kleinigkeit.

Ihr merkt schon, es ist nicht einfach und im Zweifel muss man einfach selber recher­chie­ren und beim Unter­neh­men direkt nach­fra­gen. Ich freue mich sehr, dass BIO PLANÈTE einen solch trans­pa­ren­ten Einblick gegeben hat. Und hoffe, dass sie wei­ter­hin Hin­ter­grün­de kom­mu­ni­zie­ren, die auf den Eti­ket­ten nicht ersicht­lich sind.

Hast du noch Fragen zum Thema fairer Handel? Dann schreibe mir gerne eine Nach­richt per Mail oder Insta­gram.

 

Fotos: BIO PLANÈTE, ∏anne Welsing, Verena Hirsch

 

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